KISS Stuttgart ist die unabhängige Fachstelle für Selbsthilfegruppen und selbstorganisierte Initiativen in der Landeshauptstadt. Im Oktober 2019 feierte die Selbsthilfekontaktstelle ihr 30-jähriges Jubiläum.
Stuttgart ist voller Selbsthilfegruppen – inzwischen sind es über 500, zu den verschiedensten Themen. Auch mehr und mehr selbstorganisierte Initiativen gibt es in der Stadt, wie die Flüchtlingshelferkreise oder die Repair Cafes, bei denen Menschen bei Kaffee und Kuchen zusammen ihre kaputten Dinge reparieren. Ein gute Nachricht! Denn all diese unterschiedlichen Gruppen, die nach dem Prinzip „miteinander füreinander“ arbeiten, setzen der Eitelkeit und Egomanie der heutigen Zeit die Prinzipien von Solidarität, Inklusion und Gemeinschaftsgeist entgegen.
Trotzdem sind die Selbsthilfegruppen nicht auf den ersten Blick sichtbar. Kein Wunder, denn viele treffen sich zu Themen, mit denen zwar jeder Mensch irgendwann einmal in Berührung kommt, aber, wenn es dann soweit ist, in der Regel lieber vertraulich damit umgehen möchte: körperliche oder psychische Erkrankungen, Behinderung, Sucht, Lebenskrisen und soziale Problemlagen.
Der einfachste Weg in eine Selbsthilfegruppe führt über KISS Stuttgart. Bei der Beratungsstelle, in deren Räumen täglich Gruppentreffen stattfinden, erfährt man, wie diese Gruppen arbeiten – nämlich als Erfahrungs- und Erlebnisaustausch und Ort der gegenseitigen Unterstützung von Gleichbetroffenen – und kann sich beraten lassen, welche Gruppe die richtige für einen selbst wäre. Man erfährt, wo sich die gesuchten Gruppen treffen, und wann und wie man teilnehmen kann. Ebenso begleiten die KISS-Mitarbeiter*innen Menschen bei der Gründung neuer Selbsthilfegruppen, derzeit ungefähr 35mal pro Jahr. Dank der dauerhaften Unterstützung durch die Stadt Stuttgart, die gesetzlichen Krankenkassen und das Land Baden-Württemberg sind all diese Angebote kostenfrei.
Jubiläumsfeier mit einzigartigem Bühnenprogramm
Zum 30-jährigen lud KISS Stuttgart ins Bürgerzentrum West ein. Viele Menschen aus Stuttgarter Selbsthilfezusammenschlüssen und ihre Angehörigen, Kolleg*innen aus anderen Beratungsstellen, Mitarbeiter*innen aus Politik und Stadtverwaltung sowie viele Weggefährten aus drei Jahrzehnten bewegter Entwicklung der Selbsthilfekultur in Stuttgart füllten den großen Saal. Hinter dem Rednerpult leuchtete das Motto des Tages: „Zusammen Gemeinschaft bewegen!“
Moderator Jan Siegert holte gleich zu Beginn nicht nur Rita Wagner, die in Gebärdensprache dolmetschte, sondern auch die Band So Sick auf die Bühne, die mit souligen Balladen aus dem Stand eine emotionale Atmosphäre erzeugten. Die Zweierformation bestand aus Kai „Keyslider“ Krech am Keyboard und Sänger Jean-Marc „SpellfireJaMaL“ Lorber von der Tourette Selbsthilfegruppe.
Die Zuschauer*innen wurden begrüßt von Waltraud Trukses, Vorsitzende des KISS-Aufsichtsrates, gemeinsam mit KISS-Vorständin Hilde Rutsch.
Die inklusive Tanzkompanie Szene2wei zeigte anschließend mit einem gemischten Ensemble von Menschen mit und ohne Behinderung eine Tanzperfomance auf internationalem Niveau, die ein begeistertes und ergriffenes Publikum zurückließ.
Das Grußwort der Stadt überbrachte Dr. Alexandra Sußmann, Bürgermeisterin für Soziales und gesellschaftliche Integration.
Zwischenrein sorgte die Wilde Bühne Stuttgart – die legendäre Theatertruppe aus Schauspieler*innen mit einer Drogenvergangenheit – mit improvisiertem Theater an Klavierbegleitung für Lachen und Erstaunen.
Hilde Rutsch fasste dann in Namen der KISS Stuttgart das Wesen der gemeinschaftlichen Selbsthilfe an Hand eines farbenfrohen Bildes von einer belebten Wohnung und ihren einzelnen Zimmern zusammen. Die tolle Zeichnung stammt übrigens ebenso wie die Zeichnung des KISS-Teams von der Illustratorin Hanna Wenzel. Es folgte noch ein Bilderbogen aus den vergangenen Jahren Unterstützung und Öffentlichkeitsarbeit für die Selbsthilfe in Stuttgart.
Zum Abschluss füllte der schwule Chor Rosa Note den Saal mit seinem berüchtigten Charme und Esprit und natürlich ganz viel tollem Gesang und bester Laune.
Eine wundervolle Feierstunde ging zu Ende. Sanfte Harfenklänge aus der Konserve (die angekündigte Harfenspielerin war leider krankheitsbedingt ausgefallen) geleiteten das Publikum hinaus ins Foyer, wo gemeinsam die Sektgläser erhoben wurden. Auf die nächsten 30 Jahre!
Fotos: Benny Ulmer
Catering: Caribou
Herzlichen Dank an die IKK Classic für die finanzielle Unterstützung des Jubiläums.